Ganze Wahrheiten – Rezension

Das Theater Blumhardt spielte am 10. und 11. März 23 endlich wieder ein Stück nach langer, erzwungener Coronapause. Das Kirchheimer Publikum dankte es dem Ensemble mit einem vollen Haus.
In der Komödie „Ganze Wahrheiten“ von Didier Caron entwickelte sich in dem Garten des gerade verstorbenen Großvaters ein Großreinemachen, aber nicht etwa des liebevoll gestalteten Bühnenbildes. Nein, Dinge, die bislang nicht ausgesprochen wurden, kamen an das Tageslicht und verknüpften die Familie letztendlich mit neuen Banden. Wer gehört zu wem? Wer stammt von wem?
Den Sohn des Verstorbenen und damit neues Familienoberhaupt spielte Christoph Fauser. Er scharte die Familie um sich in der vermeintlichen Gewissheit als nächster den Weg in die Urne anzutreten. Mit viel Zynismus, cholerischen Attacken und Gefühl meisterte er diese Rolle glaubhaft. Matthias Methner mimte den alten Freund der Familie äußerst gekonnt und ertrug zunächst stoisch die Hohlheit seiner Ehefrau, dargestellt von der hinreißenden Katja Windisch. Diese plapperte sich charmant und elegant durch den Abend und trällerte gar am Ende des Stückes ein Chanson, der das Publikum zum Szenenapplaus animierte. Helen Albrecht als esoterische, ans Übersinnliche glaubende Lebenspartnerin der Tochter des Hauses, spielte ihre Rolle so überzeugend, dass die Schwingungen im Raum greifbar wurden. Stets lächelnd füllte Christiane Kaltschmitt die Rolle der Mutter mit Wärme aus und übertünchte so den ein oder anderen Konflikt und eigene Unwahrheiten. Sehr cool trat dagegen der ältere Sohn der Familie auf, gespielt von Thomas Wenzel. Beruflich wie privat nicht gerade ein Vorzeigesohn, im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder, der souverän von Andreas Leukert-Knapp gegeben wurde. Die Tochter, gespielt von Irina Fehrenbach, überzeugte als Fragende. Sie brachte das Aussprechen der „ganzen Wahrheiten“ ins Rollen und vermutete viele Lügen hinter der Familienharmonie. Spritzig war auch Katja Ludwigs Auftritt als attraktive, wenn auch leicht bis stark alkoholisierte Blondine.
Überhaupt waren alle Rollen passend besetzt, ein tolles Theaterstück sorgte einmal wieder für eine gute Atmosphäre in dem leider sehr in die Jahre gekommenen Herrmann-Maas-Haus. Zudem lieferten Markus Schultz als Schauspiel-Coach, Tatjana Abel-Miloseska als Souffleuse, Lea Knapp bei der Technik und viele weitere Helfer:innen ihren Beitrag zum Gelingen dieser Theaterabende.
Hoffentlich findet diese sympathische Gruppe eine neue Spielstätte. Dass das Theater Blumhardt schmerzlich vermisst wurde in der Zeit der Pandemie, zeigte sich an den Zuschauerströmen und dem mächtigen Applaus seines treuen Publikums.

Wir bedanken uns bei Monika Jost-Ullmann für die Rezension!