Plötzlich und unerwartet: eine Rezension

Theater Blumhardt brachte am vergangenen Wochenende den Krimiklassiker von Francis Durbridge temporeich und mit viel Esprit auf die Bühne.

Und ewig lockt das Weib, oder doch das Geld? Die Erste, mit dem vielen Geld, muss jedenfalls weg. Doch wie werde ich die bessere Hälfte los? Putzmunter und voller Lebensdrang, überzeugend dargestellt von Helen Albrecht, wird die Ehefrau Maggie Howard, von ihrem treusorgenden Ehemann, Glenn Howard mephistophelisch, brillant verkörpert von Andreas Leukert-Knapp, kurzerhand zu einem seelischen Wrack stilisiert. Diese sucht angeblich Trost in den Armen des verflossenen Liebhabers, Sam Blaine – naiv und immer noch liebeskrank bestens in Szene gesetzt von Matthias Methner. Und wie kann ich die immer präsente Schwägerin, Helen Tenby, warmherzig und gleichzeitig kritisch, bestens gespielt von Christiane Kaltschmitt, auf eine falsche Fährte locken? Der fiese Plan braucht Gehilfinnen. Die Erste, Sheila Wallis, hervorragend verkörpert von Irina Huppert, geistert gedopt und immer am Rande des Nervenzusammenbruchs über die Bühne. Sie soll den Wagen in den Graben fahren auf dem Weg zu Sam Blaine, welchem der Mord an seiner Ex angehängt werden soll. Alles wäre ja gut gegangen, hätte Sheila nicht die Nerven verloren, wie es von Ruth, dem Dienstmädchen und der zweiten Gehilfin prophezeit wurde. Diese  wurde doppelbödig, verführerisch als die eigentliche Drahtzieherin von Katja Ludwig performt. Und da ist ja auch noch die Gegenseite: Der Ex, der doch nicht so naiv, einen geheimnisvollen Kommissar neben dem echten einschleust, beide souverän auf die Bühne gebracht von Moritz Tzschaschel und Christoph Fauser, um die flatterhafte Gehilfin Nummer 1, Sheila Wallis, in die Enge zu treiben und zum Reden zu bringen.

Die einzig Gute und Konstante in dem ganzen Drama, die Schwester der ermordeten, Helen Tenby, schwankt und fällt und nicht nur sie. Denn am Ende heißt es, wie von einem jungen Zuschauer treffend bemerkt: „Alle tot, alle tot“ und der Rest ist Schweigen.

Denn: „Mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht und mache noch nen zweiten Plan gehen tun sie beide nicht.“ Dieses Brechtsche Zitat hätte dem rührigen und bemühten Ehemann viel Mühe und Leid erspart.

Das Publikum war gebannt von der kurzweiligen Inszenierung, die dank der Regietipps von Christian Verhoeven richtig Fahrt aufgenommen hatte, vor allem im zweiten Teil des Abends. Ins rechte Licht wurde das Ganze routiniert gesetzt von David Knapp. Die Souffleuse Tatjana Abel-Miloseska gab den Spielern die nötige Sicherheit, die das streckenweise recht textlastige Stück mühelos beherrschten.

„Plötzlich und unerwartet…“

Plakat 2019Theater Blumhardt spielt:

„Plötzlich und unerwartet…“

Kriminalstück von Francis Durbridge

London in den 80ern. Glenn Howard hat alles genauestens geplant, eigentlich kann nichts schief gehen. Also zieht er sein Vorhaben kaltblütig durch und bringt seine Gattin Maggie um die Ecke, um an ihr Vermögen zu kommen. Die Leiche entsorgt er in der Nähe des Hauses von Maggies Ex-Freund Sam Blaine. Ihm will er den Mord in die Schuhe schieben. Glenns drogenabhängige Geliebte Sheila Wallis versucht ihn dabei zu unterstützen.
Und die anderen? Maggies Schwester Helen Tenby ist mit den Nerven am Ende, Sheila verliert den Überblick, Sam weiß sich zu wehren und das schüchterne Au pair-Mädchen Ruth kann alles gar nicht glauben.

Nach und nach kommt Glenns Alibi immer mehr ins Wanken – bis am Ende „plötzlich und unerwartet“ alles ganz anders kommt.

Theater Blumhardt – „Plötzlich und unerwartet…“ 

Freitag und Samstag 22./23.11.2019, jeweils 19.30 Uhr

Hermann-Maas-Haus, Hegenichstr. 22, HD-Kirchheim

Eintritt 10 € (ermäßigt 8 €)

2019 im Zeichen von Francis Durbridge

Francis Durbridge? Die Älteren unter uns werden sich an die Straßenfeger aus den 1960ern erinnern, die Groß und Klein vor den Fernsehern versammelten…

Durbridges „Plötzlich und unerwartet“ spielt in und um London. Ein Kriminalstück, bei dem nicht immer alles geradlinig verläuft. Manchmal passieren Dinge, plötzlich und unerwartet.

DIe Aufführungen werden am 22. und 23. November 2019 sein.

Pom, Pom, di Pom

Eine vorweihnachtliche Bescherung bot die Theatergruppe Blumhardt mit dem Stück „Schöne Bescherungen“ von Alan Ayckbourn seinem treuen Publikum am 23. und 24. November.
Eine weihnachtliche Besinnlichkeit blieb diesem Publikum allerdings versagt. Denn sollte man nun Lachen oder Weinen?
So sind doch die interfamiliären Festtagskonflikte süffisant und präzise in Form der verschiedenen Charaktere eindrücklich auf die Bühne gebracht worden.
Kaum ein Auge blieb trocken als der grandiose lebensuntüchtige Puppentheaterspieler Bernard, gespielt von Christoph Fauser, die Schweinchen Nummer eins, zwei und drei ins Rennen um die Gunst seines Publikums schickte. Seine Schwipschwägerin spielte mit vorweihnachtlicher Philosophie, vollem körperlichem Einsatz und der Erkenntnis, dass nach acht Ehejahren selbst der Begriff Freundschaft die Beziehung eines Ehepaares zu positiv beschreibt. Helen Albrecht verkörperte präsent und engagiert die Belinda. Matthias Methner spielte überzeugend den militanten Onkel Harvey, dessen Wirken und Denken wenig mit den weihnachtlich, christlichen Werten gemein hatte.
Interesse an Drinks und Technik, aber auf keinen Fall an der lästigen Ehefrau, demonstrierte Andreas Leukert-Knapp in sehr gekonnter Weise. Als Neville parodierte er den Schuppentüftler und zog Eddie alias Moritz Tzschaschel mit in seinen Bann. Dieser ignorierte sehr konsequent und authentisch seine hochschwangere Frau Pattie. Stefanie Leitz hatte für diese Rolle ein gutes Gespür und erregte nicht nur durch den schimpfenden Bernard „zieh doch den Bauch ein“ viel Mitleid unter den Zuschauern. Über alle weihnachtliche Sorgen erhaben, trank sich Phyllis, Christiane Kaltschmitt, die Festtage so glaubhaft schön, dass man sie beinahe beneidete. Irina Huppert als Rachel und Oliver Deus als Clive rundeten als verschmähte Liebe und unerwartetem Objekt der Begierde dieses Ensemble mit vielen neuen Akteuren ab.
Lotte und Joanna Hofstra liehen der Aufführung ihre Stimmen, für Licht und Ton zeichnete sich David Knapp verantwortlich, Claudia Maurer, Fynn Fehrenbach, Tatjana Abel-Miloseska und DHpro Veranstaltungsservice sorgten für einen reibungsfreien Aufbau und Ablauf rund um die Bühne.

Monika Jost-Ullmann

Schöne Bescherungen zu Weihnachten 2018

Weihnachten! Das Fest der Liebe! Das Fest der Familie! Ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum, tolle Geschenke, leckerer Festtagsbraten, gute Gespräche, ein bisschen Alkohol, strahlende Gesichter. Leider klappt das nur selten. In Alan Ayckbourns klassischer Weihnachtskomödie „Schöne Bescherungen“ artet es aus: Ein unvollendeter Weihnachtsbaum, unpassende Geschenke, trockener Festtagsbraten, gereizte Gespräche, viel zu viel Alkohol und genervte Gesichter.

Im Haus von Neville und seiner Frau Belinda trifft sich die Familie: Drei Ehepaare, zwei Singles und ein attraktiver junger Schriftsteller. Eine gefährliche Mischung. Die Erwartungen liegen hoch und am Ende die Nerven blank:

Zwei Männer, die sich nicht um ihre Ehefrauen sondern um kaputte Weihnachtsgeschenke kümmern; ein gewaltverherrlichender Onkel, dem das Fernsehprogramm wichtiger ist als das Zwischenmenschliche; eine Ehefrau, die frustriert Befriedigung unter dem Weihnachtsbaum sucht; eine Schwangere, die ihr Kind eigentlich gar nicht will; eine Alkoholikerin, der der Lammbraten misslingt; eine Single-Frau, die für den Falschen schwärmt; ein Schwager, der die Kinder mit seinem Puppentheater langweilt („Die drei kleinen Schweinchen“) – und ein Gast, der bereut gekommen zu sein. 

Weihnachten – das (Familien-)Fest der Krise. Und irgendwie alles andere als „Schöne Bescherungen“…

Theater Blumhardt spielt Alan Ayckbourns Komödie „Schöne Bescherungen“ am Freitag und Samstag 23./24.11.2018 im Hermann-Maas-Haus, Hegenichstr. 22, 69124 Heidelberg-Kirchheim. Beginn: 19.30 Uhr.

Rezension: Der Seelenbrecher

von Monika Jost-Ullmann

Tumult und Grusel, wer einen Theaterbesuch am 24. oder 25. November 2017 nach Kirchheim ins Herrmann- Maas-Haus wagte, bekam davon reichlich. Bis zum Schluss konnte die Spannung gehalten werden, bis sich der Seelenbrecher bzw. die Seelenbrecherin entlarvte.

Großartige Actionszenen quer durch den großen Saal, mit einer Krankenliege und einem Patienten mit Messer im Hals, authentische Radiobeiträge, Kinder-Stimmen aus dem Kopf und etliche furchteinflößende Blutspuren ließen das Publikum wissen, dass dieser Abend nichts für schwache Nerven war.

Szenen rund um eine psychiatrische Privatklinik, kurz vor Weihnachten, den Seelenbrecher inkludiert, ließen den Atem des Publikums stocken.

Andreas Leukert-Knapp spielte den unter Amnesie leidenden Patienten Caspar so glaubhaft und verzweifelt, dass er als Täter schnell aus der imaginären Liste gestrichen werden konnte. Eher hätte man es doch dem rastlosen, hektisch agierenden Tom Schadeck, alias Matthias Methner, zugetraut. Getrieben von Misstrauen und machohaftem Gehabe überzeugte dieser als Rettungssanitäter. Und wer hätte gedacht, dass hinter der Fassade der einfühlsamen Frau Dr. Dorn, der Seelenbrecher, sein Unwesen treibt? Helen Albrecht kann es einfach. Sowohl die leisen, wie auch die lauten Töne. In der Schlussszene war es mucksmäuschenstill im Publikum. Sie hatte uns alle im Griff. Mit Ihrer subtilen, etwas verdrehten Geschichte, fing sie uns ein und lies uns lauschen. Katrin Weißer als Yasmin Schiller bestach zunächst einmal durch ihr schrilles Outfit. Sehr cool! Sie spielte die punkige Krankenschwester gekonnt. Christoph Fauser gab den herrischen Chefarzt Prof. Dr. Raßfeld souverän. Schade, dass er nach der Pause im Kühlfach der Pathologie verschwand. Mitleiderregend, die Furcht ins Gesicht geschrieben, mimte Thomas Wenzel den zittrigen Hausmeister Dirk Bachmann und fand in der in sich ruhenden Patientin Greta, dargestellt durch Christiane Kaltschmitt, einen echten Gegenpol. Stumm und dennoch nicht leise spielte Oliver Deus als Dr. Bruck eine nicht unerhebliche Rolle in diesem Psychothriller, indem die Macht der Psyche und deren Manipulation ein zentrales Thema waren.

Das Gelingen eines solchen Abends ist immer auch von nicht sichtbaren Helferinnen und Helfern abhängig. So arbeitete Tatjana Abel-Miloseska zuverlässig als Souffleuse, Lea Knapp lieh ihre Stimme für die Einblendungen der Kinderstimmen, Matthias Wiest war als Nachrichtensprecher zu hören, David Knapp kümmerte sich um die Technik und Daniel und Christoph Horsch sorgten für die technische Ausstattung.